Die ID Austria wurde einst als Meilenstein gefeiert. Ein digitaler Quantensprung, hieß es, ein Werkzeug, das uns endlich ins 21. Jahrhundert katapultieren würde. Nun, die Realität sieht ein wenig anders aus – und erinnert dabei eher an einen Klassiker der österreichischen Verwaltungskunst: kompliziert, teuer und irgendwie doch nicht zu Ende gedacht.


Das Versprechen der Einfachheit

Man wollte die Verwaltung digitalisieren, heißt es. Keine langen Schlangen mehr vor den Ämtern, keine Zettelwirtschaft. Stattdessen ein Klick – und schon sollen die Menschen alles Notwendige erledigen können. Doch die Wahrheit ist: Bevor die versprochene Einfachheit greift, wartet erst einmal eine komplizierte Bühne voller Amtstermine und Formalitäten.

Der Start der ID Austria erfordert ein persönliches Erscheinen. Warum? Sicherheit, heißt es offiziell. Einleuchtend, mag man denken. Doch dann stellt sich heraus, dass selbst für die dauerhafte Nutzung als Vollfunktion wieder und wieder persönliche Termine nötig sind. Sicherheit hin oder her – wo bleibt da der angebliche Effizienzgewinn?

Besonders absurd wird es, wenn man bedenkt, dass auch nach der Einrichtung noch persönliche Termine notwendig sind, um die Funktionalität aufrechtzuerhalten. Ist das die digitale Zukunft, die uns versprochen wurde? Wohl kaum.


Kosteneffizienz oder Kostenfalle?

Man sollte meinen, eine digitale Innovation würde langfristig Kosten senken. Doch hier scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Jeder persönliche Termin belastet das ohnehin schon stark strapazierte Personal in den Ämtern. Mehr Nutzer bedeuten mehr Termine, mehr Termine bedeuten mehr Personaleinsatz. Und das kostet – viel. Die Frage, die sich stellt: Wer hat die Rechnung gemacht?

Die anfänglichen Investitionen in Technik und Infrastruktur sind nachvollziehbar. Aber die Tatsache, dass diese vermeintliche High-Tech-Lösung dauerhaft hohe Personalressourcen bindet, wirft die Frage auf, ob hier überhaupt eine Kosten-Nutzen-Rechnung stattgefunden hat.

Einige Experten sprechen sogar davon, dass die ID Austria langfristig teurer werden könnte als das bisherige System. Die laufenden Personalkosten, die durch wiederholte persönliche Termine entstehen, stehen im Widerspruch zu den eigentlichen Zielen der Digitalisierung.


Typisch Österreich?

In keinem anderen Land wäre es wohl denkbar, dass eine digitale Lösung so sehr von analogen Prozessen abhängt. Hier wird die Digitalisierung gefeiert, während man gleichzeitig die Bürger in die analogen Mühlen der österreichischen Bürokratie zwingt. Das Resultat: eine hybride Lösung, die weder Fisch noch Fleisch ist. Man könnte es fast charmant finden, wenn es nicht so viel kosten würde.

Es stellt sich die Frage, warum Österreich immer wieder auf Lösungen setzt, die in der Theorie gut klingen, in der Praxis jedoch erhebliche Schwächen aufweisen. Ist es mangelnde Weitsicht? Oder doch nur der berühmte österreichische Pragmatismus, der sich in diesem Fall als Sackgasse entpuppt?


Wo bleibt die Innovation?

Was wäre eigentlich notwendig gewesen, um die ID Austria wirklich innovativ zu machen? Vielleicht ein System, das von Anfang an digital funktioniert und nur in Ausnahmefällen persönliche Termine erfordert. Vielleicht eine konsequente Automatisierung, die den menschlichen Faktor reduziert. Vielleicht aber auch eine ehrliche Kommunikation darüber, dass man hier eine Zwischenlösung eingeführt hat, die noch lange nicht ausgereift ist.

Ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt: Es geht auch anders. In Estland, dem oft zitierten Vorbild für Digitalisierung, ist die persönliche Anwesenheit nur in seltenen Fällen erforderlich. Der Großteil der Prozesse läuft automatisiert und ohne direkten Personaleinsatz ab. Warum kann das in Österreich nicht auch so funktionieren?


Die absurde Kostenfrage

Betrachten wir die laufenden Kosten: Der immense Aufwand, der durch die persönlichen Termine entsteht, ist kaum zu rechtfertigen. Hier steht nicht nur der Aufwand für die Nutzer im Raum, sondern auch der Kostenfaktor auf Behördenseite. Zusätzliche Arbeitskräfte, längere Wartezeiten, mehr Administration – und all das in einem System, das angeblich sparen soll.

Was dabei oft unerwähnt bleibt, ist die Belastung für die Bürger. Die Zeit, die für persönliche Termine aufgewendet werden muss, ist für viele Menschen ein erheblicher Faktor. Für berufstätige Personen oder jene, die in ländlichen Regionen leben, kann dies eine zusätzliche Belastung darstellen. Die Frage ist: Wem dient dieses System eigentlich?


Ein teures Experiment ohne Ziel

Am Ende bleibt die Frage: Wo ist der langfristige Plan? Wenn die ID Austria wirklich als Basis für weitere digitale Dienste dienen soll, dann müsste sie deutlich effizienter und kostengünstiger sein. Derzeit sieht es jedoch so aus, als würde dieses Experiment vor allem eines tun: Kosten verursachen, ohne dass ein echter Mehrwert erkennbar ist.

Vielleicht wäre es an der Zeit, einen Schritt zurückzugehen und das System von Grund auf zu überdenken. Die Digitalisierung sollte nicht nur ein Schlagwort sein, sondern echte Verbesserungen bringen. Alles andere ist eine verpasste Chance – und die kann sich Österreich auf Dauer nicht leisten.


Abschließende Gedanken

Eine echte Innovation sieht anders aus. Was hier als digitale Revolution verkauft wird, ist in Wahrheit ein weiteres Beispiel dafür, wie man in Österreich Bürokratie mit Technologie überlagert, ohne sie wirklich zu vereinfachen. Vielleicht braucht es keine neue ID, sondern einen neuen Ansatz. Einen, der nicht nur verspricht, sondern auch hält. Vielleicht auch einfach nur den Mut, es einmal anders zu versuchen.