Verlorene Milliarden durch Digitalisierungslücken – Wie viele Aufträge KMU jährlich verlieren, weil Uploadraten unter 10 Mbit/s liegen

In der Debatte um Digitalisierung wird der Fokus oft auf innovative Geschäftsmodelle, disruptive Technologien oder die „digitale Transformation“ gelegt. Was jedoch selten systematisch aufgearbeitet wird: die nackten Verluste, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) jedes Jahr entstehen, weil schlichtweg die Infrastruktur fehlt. Insbesondere die Uploadrate wird dabei zum Flaschenhals. Während Gigabit-Initiativen meist auf schnelle Downloads abzielen, bleiben KMU in strukturschwachen Regionen ohne die nötige Bandbreite, um am digitalen Markt teilzunehmen.

Zahlen der EU-Kommission und Studien regionaler Wirtschaftskammern deuten auf ein alarmierendes Bild hin: In Österreich und Deutschland gibt es jeweils hunderttausende KMU, deren Internetanbindung unterhalb von 10 Mbit/s im Upload liegt. Gerade in Bereichen wie Grafikdesign, Maschinenbau mit cloudbasierten CAD-Diensten, Rechtsberatung oder dezentraler IT-Entwicklung ist ein stabiler, schneller Upload unerlässlich. Ohne diesen Zugang entgehen den Unternehmen Aufträge, da sie keine Live-Demos abhalten, keine großen Datenpakete sicher versenden oder keine Remote-Dienstleistungen anbieten können.

Konservativ gerechnet summieren sich diese verlorenen Chancen in Deutschland auf etwa 2,4 Milliarden Euro jährlich, in Österreich auf rund 1,3 Milliarden. Dabei sind nicht nur entgangene Umsätze relevant, sondern auch Opportunitätskosten: Projekte werden nicht begonnen, internationale Ausschreibungen nicht berücksichtigt, Innovationsimpulse verschoben. Die Frage muss erlaubt sein: Warum fließen Milliarden in Förderprogramme, deren Effizienz niemand evaluiert, während diese schleichenden Verluste kaum Eingang in öffentliche Berichte finden?

Ein weiterer Punkt ist der Imageverlust für KMU, die aufgrund technischer Infrastrukturdefizite als nicht wettbewerbsfähig wahrgenommen werden. Gerade in Ausschreibungen für internationale Auftraggeber entscheidet oft die technische Ausstattung über die Teilnahme. Wer keine stabile Upload-Infrastruktur vorweisen kann, scheidet im digitalen Auswahlprozess frühzeitig aus – selbst bei hoher fachlicher Kompetenz.

Produktivität pro Glasfaseranschluss – Wie stark sich der BIP-Anteil pro Mitarbeiter durch Highspeed-Anschlüsse in Regionen mit weniger als 20.000 Einwohnern verändert

Produktivität gilt als Schlüsselindikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Was passiert jedoch, wenn ein struktureller Engpass diese Produktivität systematisch ausbremst? Eine Auswertung von Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt: In Gemeinden mit unter 20.000 Einwohnern steigert ein Glasfaseranschluss im Betrieb die Produktivität um durchschnittlich 9,4 %. Die Zahl basiert auf Vergleichen zwischen Betrieben ähnlicher Größe, Branche und Ausgangslage, mit und ohne Zugang zu Highspeed-Internet.

Diese Steigerung entspricht im ländlichen Raum oft bis zu 1.500 Euro zusätzlicher Bruttowertschöpfung pro Erwerbstätigem. Hochgerechnet auf eine Region mit 10.000 Beschäftigten ergibt sich ein Mehrwert von 15 Millionen Euro jährlich. Und das ist konservativ angesetzt.

Erstaunlich ist, dass diese Effekte politisch kaum kommuniziert werden. Die öffentliche Förderlandschaft priorisiert weiterhin Ballungsräume, obwohl dort die Infrastruktur ohnehin besser ist und der Produktivitätszuwachs durch Glasfaser wesentlich geringer ausfällt. Warum also nicht gerade in strukturschwachen Regionen ansetzen, wo die Rendite pro Förder-Euro am höchsten wäre? Die Daten sprechen eine klare Sprache, doch sie scheinen politisch wenig Gewicht zu haben. Vielleicht, weil ländliche Regionen weniger medialen Druck ausüben?

Besonders problematisch ist, dass viele KMU als „nicht wachstumsfähig“ abgestempelt werden, obwohl es in Wahrheit am digitalen Fundament fehlt. Der Ausbau der Glasfaseranschlüsse könnte somit nicht nur reale Wertschöpfung erhöhen, sondern auch die Wahrnehmung strukturschwacher Regionen als innovationsfähig stärken.

Wachstumspfad im Upload – Warum der Fokus auf Downloadraten die wirtschaftliche Realität verkennt

Politik und Medien feiern regelmäßig Ausbaustatistiken mit Formulierungen wie „95 % der Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s versorgt“. Doch diese Angaben beziehen sich fast immer auf Downloadraten. Das Problem: Für viele wirtschaftlich relevante Prozesse sind diese schlicht irrelevant. Der Upload ist der entscheidende Faktor, wenn es um cloudbasierte Anwendungen, dezentrale Arbeitsprozesse oder Videoübertragungen geht.

Gerade KMU in technologiegetriebenen Sektoren wie Architektur, Industrie 4.0 oder Softwareentwicklung sind darauf angewiesen, große Datenmengen nicht nur zu empfangen, sondern aktiv zu senden. Studien aus Baden-Württemberg und Niederösterreich zeigen, dass Unternehmen mit Uploadraten unter 20 Mbit/s im Schnitt 5–7 % an Produktivität verlieren. Auf volkswirtschaftlicher Ebene entspricht das einem Verlust von mehreren Milliarden Euro jährlich.

Die Krux: Förderprogramme wie „Breitband Austria“ oder die „Gigabitstrategie Deutschland“ erfassen Upload-Geschwindigkeiten oft nur am Rande. Warum? Weil sich Downloadzahlen einfacher kommunizieren lassen – sie wirken beeindruckend, sind aber wirtschaftlich nur die halbe Wahrheit. Der Fokus auf falsche Kennzahlen führt zu einer Scheinsicherheit in der Digitalisierungsdebatte. Zeit, die Perspektive zu korrigieren.

Hinzu kommt, dass viele digitale Geschäftsmodelle auf Echtzeit-Kommunikation angewiesen sind – etwa bei kollaborativen Tools, Online-Coaching oder Kundenservice-Plattformen. Die Uploadrate entscheidet hier über Reaktionsgeschwindigkeit und Servicequalität. Wer hier ausbremst, verliert Marktanteile.

Der Preis der Wartezeit – Wie viele Monate Produktentwicklung durch langsame Datenleitungen bei KMU verzögert werden

Für forschungs- und entwicklungsintensive KMU ist Zeit ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Doch genau diese Zeit wird in vielen Regionen durch mangelnde Datenleitungen verschenkt. Ein Beispiel: Ein Maschinenbaubetrieb in der Obersteiermark benötigt für das Rendering komplexer 3D-Modelle bei einer 8 Mbit/s-Leitung mehr als 14 Stunden. In Graz oder München mit Gigabit-Anbindung wären es 45 Minuten.

Diese Zeitverzögerung zieht sich durch alle Prozesse: Rückfragen, Änderungen, Abstimmungen mit Partnerfirmen oder Kunden – alles dauert länger. Aufs Jahr gerechnet summieren sich diese Verzögerungen auf mehrere Wochen verlorener Entwicklungszeit. Studien zeigen, dass KMU durch diese strukturellen Verzögerungen jährlich 4 bis 6 % ihrer Innovationszeit verlieren.

Gerade in der Frühphase neuer Produkte oder Dienstleistungen kann dies entscheidend sein. Wer ein Produkt drei Monate zu spät auf den Markt bringt, verliert oft den First-Mover-Vorteil, muss Preisnachlässe geben oder verpasst saisonale Nachfragefenster. Warum diese Effekte in der Förderlandschaft kaum eine Rolle spielen, bleibt unklar. Weder bei der Priorisierung von Ausbaugebieten noch in der Mittelzuteilung scheint die reale wirtschaftliche Verzögerung relevant zu sein.

Zudem wird durch längere Projektlaufzeiten auch die Auslastung interner Ressourcen ineffizienter: Entwickler, Designer oder Techniker sind länger gebunden, neue Projekte werden blockiert. Die Langzeitfolgen sind nicht nur wirtschaftlich, sondern auch arbeitspsychologisch relevant – denn sie erhöhen den Frust im Team.

Highspeed als Standortfaktor – Warum fehlendes Gigabit-Netz bei Betriebsübernahmen und Investitionen den Ausschlag gibt

Betriebsübernahmen, Neuansiedlungen, Investitionen – allesamt klassische Standortentscheidungen, bei denen neben Steuern und Arbeitsmarkt auch die Infrastruktur entscheidend ist. Doch eine stille Bremse bleibt oft unerwähnt: der Breitbandanschluss. Eine Metastudie aus Übernahmeanalysen in strukturschwachen Regionen zeigt, dass in 37 % der gescheiterten Fälle die unzureichende Internetanbindung ein wesentlicher Grund war, vom Investment abzusehen.

Hinter dieser Zahl stehen keine anonymen Daten, sondern konkrete Folgen: fehlende Nachfolgeregelungen, gescheiterte Generationswechsel, Liquidationen. Hochgerechnet auf Österreich und Deutschland betrifft das rund 8.000 Arbeitsplätze jährlich, die durch mangelhafte digitale Infrastruktur gefährdet sind. Besonders brisant: Diese Entwicklung betrifft gerade Regionen, in denen die Demografie ohnehin ungünstig ist und wirtschaftliche Perspektiven rar gesät sind.

Die Frage ist also nicht, ob Highspeed-Internet ein „Nice-to-have“ für KMU ist. Es ist längst ein Standortkriterium ersten Ranges – und wird dennoch in offiziellen Kriterienkatalogen häufig nur als Nebenfaktor geführt. Es fehlt an systematischer Erhebung, politischer Kommunikation und medienwirksamer Aufarbeitung. Warum schweigt man über einen Faktor, der den wirtschaftlichen Organismus in der Fläche so stark beeinflusst?

Noch gravierender ist die Tatsache, dass viele Regionalentwicklungsprogramme keine echten Kriterien zur digitalen Infrastruktur enthalten. Fördermittel fließen somit in Regionen, die digital schwer erreichbar sind – ein klarer Zielkonflikt, der dringend überarbeitet werden müsste.