Wenn Raucher wieder mal der Sündenbock sind

Raucher und Dampfer kennen es nur zu gut: Sie sind ein willkommenes Ziel staatlicher Regulierungswut. Die europäische Gesundheitspolitik hat sich längst auf die Fahnen geschrieben, das Rauchen gesellschaftlich zu verbannen. Zigarettenpackungen werden mit Schockbildern übersät, Werbeverbote verschärft und Raucherzonen aus dem öffentlichen Raum verdrängt. Wer dennoch raucht, wird von manchem Passanten mit einem Blick bedacht, der fast Mitleid mit Mordlust mischt. Und doch: Der Staat kassiert dabei kräftig mit.

Man fragt sich: Ist das Rauchen wirklich derart schädlich, dass es derart drastischer Maßnahmen bedarf, oder ist es einfach eine besonders lukrative Einnahmequelle? Ein Blick in die Finanzpläne der meisten EU-Staaten zeigt schnell: Ohne Tabaksteuer sähen viele Haushalte noch düsterer aus. Dabei stellt sich die Frage, wie man die Menschen gleichzeitig entmutigen und dennoch melken kann.


Die scheinheilige Abgrenzung zur E-Zigarette

Im Fall der E-Zigarette wird es noch kurioser. Ursprünglich als weniger schädliche Alternative zum Tabakkonsum eingeführt, sollte sie Rauchern helfen, vom Glimmstängel loszukommen. Doch die E-Zigarette wird mittlerweile mit fast derselben Verachtung betrachtet wie ihr traditionelles Gegenstück. „Dampfen“ gilt in gewissen Kreisen nicht mehr als smarter Ausweg aus der Nikotinsucht, sondern als gesellschaftliches Problem, das kaum weniger rigoros angegangen werden muss. Und das bringt uns zur geplanten Nikotinsteuer.

Dabei ist es nicht so, dass Dampfen ungefährlich wäre. Studien legen nahe, dass auch die E-Zigarette Risiken birgt, vor allem durch die chemischen Inhaltsstoffe in den Liquids. Doch der Ansatz, Nikotinkonsumenten mit Steuern zu belegen, hat wenig mit Gesundheitsfürsorge zu tun. Stattdessen geht es um die simple Frage: Wie können wir auch diesen Bereich möglichst effizient abschöpfen?

Interessant ist auch der Blick auf andere Länder. In den USA beispielsweise hat man bereits früh begonnen, E-Zigaretten stärker zu regulieren und zu besteuern. Doch hier zeigt sich ein interessantes Muster: Wo die Steuer eingeführt wurde, hat dies nicht unbedingt zu weniger Konsum geführt. Vielmehr verlagert sich der Markt auf billigere, oft schlechter kontrollierte Produkte. Ein Problem, das in Europa bisher kaum Beachtung findet.


Was bisher geschah: Steueränderungen und EU-Vorgaben

Die Diskussion um eine Besteuerung von E-Zigaretten ist nicht neu. Schon seit Jahren wird in Brüssel über eine EU-weite Regulierung von nikotinhaltigen Produkten debattiert. Der Grund? E-Zigaretten entziehen sich bisher vieler Steuermechanismen, die bei Tabakprodukten greifen. Es ist keine Überraschung, dass Regierungen hier Einnahmen wittern – die Staatskassen müssen gefüllt werden, und Raucher sind bekanntlich ein besonders dankbares Ziel.

In Österreich, wo die Tabaksteuer seit jeher eine bedeutende Rolle spielt, gibt es bereits konkrete Pläne. Unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes wird diskutiert, nikotinhaltige Liquids und E-Zigaretten mit einer zusätzlichen Abgabe zu belegen. Doch das wirft Fragen auf: Geht es wirklich um die Gesundheit oder nur ums Geld?

Historisch gesehen wurden Steuern oft mit moralischen Argumenten eingeführt. Alkohol, Glücksspiel, Tabak – alles Süchte, die man bekämpfen wollte. Doch diese Argumentation zerbröselt schnell, wenn man sich die Milliarden ansieht, die jährlich in die Kassen gespült werden. Würde man all diese Süchte tatsächlich erfolgreich bekämpfen, gäbe es große Löcher im Haushalt.

Ein weiterer Aspekt ist die Rolle der Lobby. Während die Tabakindustrie seit Jahrzehnten im Visier der Politik steht, gibt es auch bei den Herstellern von E-Zigaretten mächtige Akteure, die versuchen, ihren Einfluss geltend zu machen. Die Folge ist ein regulatorisches Flickwerk, das in den Mitgliedsstaaten der EU unterschiedlich gehandhabt wird.


Zwischen Wirtschaft und Moral

Die Absurdität dieser Diskussion wird besonders deutlich, wenn man sich die wirtschaftlichen Interessen ansieht. Einerseits beklagt die Politik die steigenden Kosten des Gesundheitssystems, die durch Raucher verursacht würden. Andererseits sind die Steuereinnahmen aus Tabakprodukten eine unverzichtbare Stütze der öffentlichen Finanzen. Sollten weniger Menschen rauchen oder dampfen, drohen Milliardenverluste. Es scheint, als wolle man den Bürgern zugleich das Rauchen vermiesen und sie dazu ermuntern, weiter zu qualmen – hauptsache, die Abgaben fließen.

Doch nicht nur die Einnahmen aus den Steuern selbst sind relevant. Die Tabak- und Nikotinindustrie ist auch ein bedeutender Arbeitgeber, direkt wie indirekt. Würde der Konsum drastisch sinken, wären viele Arbeitsplätze bedroht. Dieses Spannungsfeld aus Gesundheit, Wirtschaft und Moral führt zu einer grotesken Doppelmoral.

Betrachtet man die Zahlen genauer, zeigt sich zudem eine paradoxe Entwicklung: Während die Raucherquote in vielen Ländern sinkt, steigen die Einnahmen aus Tabaksteuern weiter an. Der Grund dafür liegt in regelmäßigen Steuererhöhungen, die den Preis künstlich hochhalten. Für Konsumenten bedeutet dies, dass sie immer tiefer in die Tasche greifen müssen – ein Umstand, der vor allem Menschen mit geringem Einkommen hart trifft.


Mediale Scharmützel um die Dampfer

Die mediale Berichterstattung zu diesem Thema ist – wie könnte es anders sein – ebenso widersprüchlich. Auf der einen Seite warnen Gesundheitsbehörden und NGOs vor den Gefahren des Dampfens, besonders für Jugendliche. Auf der anderen Seite gibt es Berichte, die den Erfolg von E-Zigaretten bei der Raucherentwöhnung betonen. Doch gerade die Rolle der Medien ist häufig tendenziös: Statt einer ausgewogenen Diskussion wird oft der Eindruck erweckt, als sei Dampfen eine Art Einstiegsdroge für die Zigarette.

Interessant ist auch, wie wenig über die positiven Effekte berichtet wird. Studien, die zeigen, dass E-Zigaretten helfen können, die Raucherraten zu senken, werden oft ignoriert oder kleingeredet. Es entsteht der Eindruck, als sei jede Form des Nikotinkonsums gleichermaßen verwerflich – unabhängig von den tatsächlichen Risiken.

Ein weiteres Problem ist die fehlende Differenzierung. In vielen Berichten wird nicht zwischen nikotinfreien und nikotinhaltigen Produkten unterschieden. Dies führt dazu, dass die öffentliche Wahrnehmung von E-Zigaretten häufig negativ geprägt ist, obwohl sie in bestimmten Kontexten durchaus positive Effekte haben können.


Sündenböcke für die Steuerpolitik

Was die geplante Nikotinsteuer betrifft, bleibt ein schaler Beigeschmack. Während andere Bereiche der Wirtschaft mit Subventionen oder Steuererleichterungen gefördert werden, sollen Dampfer – angeblich im Namen der Gerechtigkeit – zur Kasse gebeten werden. Es wirkt, als hätte man einfach einen weiteren Weg gesucht, um Geld aus der ohnehin strapazierten Börse der Konsumenten zu ziehen.

Die Frage bleibt: Warum gibt es keine vergleichbaren Bestrebungen in anderen Bereichen? Zucker, Fett, Plastik – all diese Dinge haben weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt. Doch hier zögert man, weil die wirtschaftlichen Interessen der Lobbyisten zu groß sind. Raucher und Dampfer hingegen sind eine vergleichsweise schwache Gruppe, die sich kaum zur Wehr setzen kann.

Ein interessanter Vergleich lässt sich mit der Automobilindustrie ziehen. Obwohl der Verkehr maßgeblich zur Luftverschmutzung beiträgt, dauert es oft Jahrzehnte, bis strengere Regelungen durchgesetzt werden. Im Gegensatz dazu werden Raucher und Dampfer nahezu über Nacht mit neuen Abgaben konfrontiert.


Schluss mit der Doppelmoral?

Es wäre erfrischend, wenn die Politik endlich ehrlich zugeben würde, worum es hier wirklich geht. Die Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung mag ein angenehmer Vorwand sein, doch letztlich geht es um fiskalische Interessen. Die Nikotinsteuer zeigt ein weiteres Mal, wie gern man sich auf dem Rücken der Raucher und Dampfer bereichert. Es bleibt abzuwarten, wie weit dieser Trend noch geht – und ob irgendwann auch der Konsum von Luft besteuert wird.

Am Ende steht die Frage: Wie lange lässt sich die Bevölkerung diese Widersprüche noch gefallen? Die Diskussion um die Nikotinsteuer ist ein Paradebeispiel dafür, wie scheinbare Fürsorge oft nur der Deckmantel für knallharte Finanzpolitik ist. Vielleicht ist es an der Zeit, dass sich die Betroffenen Gehör verschaffen – nicht als Sünder, sondern als Bürger, die genug haben von der Doppelzüngigkeit ihrer Regierenden.